Montag, 29. Juni 2009

Irri- und Frustrationen

Wo wir einmal bei den schwäbischen Wörtern sind. Es gibt weitere Wörter, die im Hochdeutschen unbekannt sind, die zudem zu Irritationen führen können.

Dabei weiß ich nicht genau, wohin nun der Begriff Käpsele gehört. Wer mit den Grundbegriffen der schwäbischen Wortbildung vertraut ist, könnte meinen eine kleine Kapsel vor sich zu haben. "Du bisch mir a rechts Käpsele", ist aber nur eine Formulierung, die den IQ des Angesprochenen positiv heraushebt.

Schwäbische Einwohner leben im allgemeinen nach der Devise: "Nicht gemeckert ist genug gelobt." (Net gscholte isch globt gnug.) Da verwundert es auch nicht, wenn der sonntägliche Satz des Ehemannes an die Ehefrau "Man kann es essen." schon nahe an der Euphorie über das gelungene Essen ist.

Ich hoffe sehr, dass ich diese Eigenart nicht zu sehr angenommen habe, um bei meinen Berliner Nachbarn gleich in Ungnade zu fallen. Und wenn doch, vielleicht ist nur ein schwäbischer Bruddler aus mir geworden.

Sonntag, 28. Juni 2009

Doppeldeutig

Dem Post der Übersetzugen sind die falschen Freunde sehr ähnlich. Wir erinnern uns: become im Englischen ist nicht bekommen, sondern werden. So gibt es auch bei der Kommunikation mit Menschen aus dem Südwesten Deutschlands schnell Irritationen. Ich erinnere mich an meine erste Frustration als mich eine Bekannte meines Chefs loben wollte und mir zu meinem dreiteiligen Anzug wie folgt gratulierte: "Do henn Se enn scheene Kiddel ozoge." Kittel kannte ich nur als Arbeitsschutzkleidung, im Schwäbischen meint man damit jegliche Art von Jacke.


BegriffHochdeutschSchwäbisch
TeppichBodenbelag(Woll-)decke
Rolle machenTurnübung auf dem Bodenharnen (bei Kindern)
BodenDachbodenFußboden
Bühne Vortragsort im TheaterDachboden
KittelArbeitsschürzeJacke
Fuß alles ab Sprunggelenk alles ab Hüftgelenk


Quelle (in Auszügen): Das Wortwerk auf XING

Schwäbisch-Deutsch

In Berlin wird Hochdeutsch gesprochen.
Für Menschen aus dem Südwesten Deutschlands - nicht nur Schwaben - hier eine erste Annäherung an das ungewohnte hochdeutsche Idiom. Sie wissen schon: Wir können alles, außer ...

SchwäbischHochdeutsch
HocketseStraßenfest
heben halten
lupfen heben, anheben
FasnetsküchlePfannkuchen der Berliner eben), aber ungefüllt oder mit Vanillekrem
springen rennen

Mit ein bisschen Fantasie ist die Übersicht auch für Berliner geeignet, die ihre zugezogenen Schwäbischen Nachbarn, Kollegen, Freunde verstehen wollen.

Orient-Express

"Das ist ja im Osten!", Mary war außer sich, als Carola ihr den Stadtteil nannte, in den wir ziehen wollten. Dabei wurden ihre Augen groß wie Eierbecher und das Entsetzen war deutlich abzulesen. Die Mutter unserer Pflegetochter hatte immerhin das Buch über den "Bahnhof Zoo" gelesen und war ebenso entsetzt. Sie nahm mir das Versprechen ab, gut für ihre Tochter zu sorgen, dann würde sie auch nicht dagegen sein, dass wir in eine andere Stadt und ein anderes Bundesland ziehen.

Für Mary allerdings waren wir gestorben. Sonntags in der Gemeinde kannte sie uns fast nicht mehr. Mir war das ziemlich egal, denn ich war sowieso immer der Sonderling gewesen und hatte mich an diese Rolle gewöhnt. Carola tat das weh, sie war mit Mary durch viele Stationen gegangen, hatte in der Sonntagsschule, in der Jugendgruppe mit ihr gemeinsam erlebt und später noch zusammen gearbeitet. Mary - so schien es - war nur an Arbeitskräften interessiert und da wir nun absehbar als solche ausfallen würden, waren wir einfach nicht mehr interessant für sie. Weil Carola und Mary Cousinen waren - entfernte zwar - gab das noch einen Stich extra.

Bei mir saß der Stich mit dem Osten extra tief. Mit welcher Euphorie war die Einheit gefeiert worden, mit welchem Euphemismus war all die Jahre von den Brüdern und Schwestern im Osten gesprochen worden. Mit welcher Gleichgültigkeit war ich all die Jahre behandelt worden. Und wenn ich mich als geborener DDR-Bürger zu erkennen gab, wollten die einen ersteinmal meine Sprache lernen, um mich zu verstehen, die anderen betonten, dass ihnen das "gar nicht" aufgefallen sei und das sollte dann wohl ein Lob sein.

Jedenfalls war ich froh, dass Carola nach über 15 Jahre 'wöstlicher' Ehe mit mir auch den Mut aufbringen konnte mit mir in den Ostteil der Stadt zu ziehen.

Samstag, 27. Juni 2009

Notar

Beim Notar in Berlin ist es gemütlicher als in der schwäbischen Amtsstube. Das muss eindeutig festgehalten werden. Am Eingang treffen wir auf die Verkäufer und für manche Leute ist es schwer, ein Haus zu verkaufen. Als wir unser Haus kauften, war die Besitzerin bei all unseren Treffen den Tränen nicht nur nahe, sie zerfloss darin. Spätestens in jener Zeit habe ich mich entschieden mich nicht an ein Haus zu hängen.

Die beiden Damen, denen wir in Berlin begegnen, scheinen gefestigt. Dabei haben sie allen Grund betroffen zu sein, denn das Haus, das wir kaufen wollen, wurde vor über 70 Jahren vom Vater der älteren gebaut worden. Nun, da sie allein im Haus wohnen, fühlen sie sich der Aufgabe nicht mehr gewachsen und verkaufen. Das Haus ist für unsere Familie groß genug. Jedes Kind hat ein eigenes Zimmer, die beiden Mädchen bekommen zwar kleinere Zimmer, dafür aber eine Veranda nach Süden.

Diese ältere Dame hat im Garten noch Bohnen und Gurken für uns gelegt, weil wir eine so große Familie sind. Dabei haben meine Kinder, wissend wie gern ich Gartenbau betreibe, Einspruch eingelegt und die Gartenbaufläche begrenzt, damit sie noch genug Platz zum Spielen haben.

Der Makler ist schon da, als der Notar eintritt, grüßt er, prüft die Personalien und beginnt mit der "Lesestunde". Haben die schwäbischen Notare das Vorlesen eher beiläufig und wie eine lästige Pflicht abgehandelt und ihren Vortrag immer wieder mit Erklärungen und Erläuterungen zahl- und wortreich unterbrochen, so dass ich oft nicht mehr wusste, was Text, was Ausschmückung, was Erläuterung war, liest dieser mit Betonung und rezitiert beinahe den Vertrag. Wenn er Passagen erläutert, ändert sich seine Intonation.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Vorwort

In meinem Englischbuch fand sich die Geschichte eines unaufmerksamen Englischschülers, der in einem englischen Restaurant ein Steak bestellt hatte, dessen Fertigstellung auf sich warten ließ. Als ihm der Geduldsfaden riss, herrschte er den Kellner an: "Waiter, when will I become a steak?" Der Kellner erwiderte britisch distanziert: "Never, I hope Sir." und eilte weiter.

'Become' bedeutet im Englischen ganz einfach 'werden'. Wenn ein heranwachsender junger Mensch also den Entschluss gefasst hat, Lokomotivführer, Krankenschwester oder "irgendwas mit Medien" zu werden, heißt das: "I will become an engine driver, a nurse or 'something in media'."

Dabei bin ich mir sicher, dass ich
a) in Berlin keinen Berliner bekommen werde - auch wenn die mein Lieblingsgebäck sind -weil die in der Hauptstadt Pfannkuchen heißen.
b) kein Berliner werden kann, allenfalls kann ich einen geduldeten Status erreichen

Trotzdem interessiert mich, ob und wenn ja wie, ich ein Berliner werden kann. Gehen Sie mit auf meine Entdeckungsreise.