Mittwoch, 22. Juli 2009

Milcherzeugnisse

Als der Lehrer die Schulkinder nach ihren Namen fragt, stellen die sich vor, aber der Lehrer verbessert sie stets, dabei wird aus Hannes in der Verbesserung Jo-Hannes, aus Achim wird Jo-Achim. Der nächste Junge nimmt die Verbesserung vorweg und sagt seinen Namen gleich als Jo-Kurt.

Joghurt war in der DDR nicht immer schwer zu bekommen. In meiner Vorschulzeit gab es in in 1/4-Liter-Flaschen, damals mit dem obligatorischen Pappdeckel. Die später verwendeten Aludeckel waren glaube ich mit einem roten Streifen kodiert. Dieser Joghurt war halbflüssig und wir verbesserten in mit Marmelade. Die Joghurtlöffel gab es aus Plastik deren Spitze war so schmal, dass der Joghurt bequem aus der Flasche gelöffelt werden konnte. Später verschwand dies und der Joghurtpilz, den wir uns wer weiß woher besorgten, wurde von meiner reinlichen Schwester zu heiß abgespült und stellte dann seine Dienste ein.

Später tauchte Joghurt mit säuerlichem Geschmack und mit Fruchtzusatz, ich erinnere mich an Kirschen und Erdbeer, wieder auf. Diesmal in Plastikbechern, in denen sonst auch Rahmbutter verkauft wurde. Diese Behälter hatten den Nachteil, dass sie leicht beschädigt werden konnten. Danach lag der Joghurt im klassischen Tragegefäß und versaute den Rest des Einkaufs.

Als wir in der Kirchengemeinde Besuch aus dem westlichen Teil Deutschlands hatten, war die Freude groß, als die Joghurt in sehr vielen Geschmacksrichtungen zum Abendessen auf den Tisch stellten. Die Aludeckel wurden von den Bechern gezogen und fleißig losgelöffelt. Jedenfalls waren die Ossis damit beschäftigt. Die Wessis schauten jedoch erst einmal, welche Geschmäcker sie hatten und tauschten ihre Lieblingssorten gegeneinander. Es ist wohl, wie ich es in der Mecklenburger Mühle mal gelesen habe: "Wenn die Maus satt ist, schmeckt das Korn bitter."

Zum Nachschauen hier einmal eine DDR-Preisliste nach dem Statistischen Jahrbuch: Preise der DDR von 1985 auf Wikipedia

Little boxes

Eine Fahrt durch heutige Wohngebiete zeigt mir, dass sich seit vielen Jahren nichts verändert hat. In Deutschland liegt das zum Teil nur an den Bauvorschriften, die Giebelrichtung, Geschossanzahl und Nutzung vorschreiben. Oft, wenn ich mich durch Wohngebiete bewege, kommte mir das Lied von den kleinen Kästen in den Sinn, das ich bis heute immer Pete Seeger zugeschrieben habe, aber nun gelernt habe, dass er ein Interpret ist.

Die französische Version hat uns ein Französisch-Lehrer in der 8. Klasse zu Gehör gebracht. An der Version von Allwright wird eine Eigenart unserer westlichen Nachbarn deutlich, sie sind entweder todernst oder sie machen sich über irgendetwas lustig. Manchmal glaube ich sogar, sie machen sich immer über irgendetwas lustig, meinen es aber immer ernst. Das klingt nicht nur ambivalent, sondern erzeugt dieses Gefühl regelmäßig auch bei mir.

Auf die Berühmtheit, die es durch Titelmelodie von BBC-Sendungen Robin and Wendy's Wet Weekends oder die Fernsehserie Weeds erlangt hat, wird hier nicht eingegangen. Das Lied schildert in erster Linie einen Zustand. Einige Interpreten haben daraus dann eine politische Aussage gemacht, so wie in den 60ern alles wohl irgendwie politisch war.

Wieso geht mir dieser Text durch den Sinn? Es bringt die Gleichförmigkeit des Lebens zum Ausdruck, diese - zunächst äußere - Gleichförmigkeit, die bei einigen Zeitgenossen in dann innere Gleichförmigkeit umschlägt, sich zur Monotonie steigert und - möglicherweise - als abgestumpfte Gleichgültigkeit endet. Auch das ist rein beschreibend.


Entstehung (deutsch)
Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Little_Boxes

Pete Seeger (engl.)
- Video: http://www.youtube.com/watch?v=AN3rN59GlWw
- Text: http://ingeb.org/songs/littlebo.html

Graeme Allwright (fraz.)
- Video: http://www.youtube.com/watch?v=4tazEg9v_-4
- Text: http://www.frmusique.ru/texts/a/allwright_graeme/petitesboites.htm
Weihnachtliches Video: http://www.youtube.com/watch?v=8r0wuPoUuiE

Donnerstag, 16. Juli 2009

Telefon

'Das gibt's doch gar nicht', habe ich immer gedacht.
Doch, das gibts. Bei einem großen deutschen Telekommunikationsanbieter meldete ich mein
Telefon um. (T - Telefongesellschaft, K - Kunde)

1. Anruf

T: Ich nehme mal die Daten auf.

K: Bestätigung kommt prompt per Post.

T: Wenn der Vormieter seinen Anschluss gekündigt hat, können wir den
Auftrag komplett machen.

T will noch einen ISDN-24-Monate-Vertrag mit Internetfernsehen an den Mann bringen. Bietet 120 Euro Wechselbonus ist mir aber zu teuer.

T: Welchen Analog-Anschluss 17,95 für 24 Monate oder 18,95 monatliche Kündigung.

K: Den mit monatlicher Kündigung

T: Ist aber auch zu teuer.

K: Ich will sowieso den Anschluss ganz mitnehmen.

T: Ah, da wohnt ja noch einer.

K: Ja ich ziehe erst im August um.

T: Dann müssen die aber erst kündigen.

Aufnahme in Telefonbuch - bitte nur Auskunft und Druck, kein Internet oder CD-ROM (T: CD-ROM hat ja eh keiner mehr.)


2. Anruf (Beim Vorbesitzer des Hauses.)

K: Ich kann den Telefonanschluss erst ummelden, wenn Sie gekündigt haben.

V: Ich habe meinen Anschluss schon lange bei ..., die ziehen mir den Anschluss selbst um.


3. Anruf

Aufnahme in Datenbank wurde falsch bestätigt.

K: Bitte löschen Sie Internet und elektronische Medien. Ich will nur im Telefonbuch und in der Auskunft erscheinen.

T: Ja, wird gemacht, keine postalische Bestätigung


4. Anruf

K: Ich will umziehen, der Vormieter ist bei einem anderen Anbieter.

T: Ja, das nehmen wir auf, in dem Haus sind ja genug Leitungen. So, da steht ja schon alles. Ist der Tarif ... ok?

K: Ja, wie mit Ihrem Kollegen besprochen.

T. bietet aber stillschweigend den 24-Monats-Analog-Tarif.Bestätigung kommt per Post, enthält neue Telefonnummer (juhu), aber eben den Tarif mit 24 Monaten Laufzeit und Montagetermin am späten Nachmittag.


5. Anruf

K: Ich möchte den Tarif mit monatlicher Kündigung. Es wurde der falsche Tarif bestätigt.

T: Da müssen Sie widerrufen. Schreiben Sie auf den Brief und faxen Sie es.

Keine Bestätigung nach 4 Tagen.

6. Anruf

K: Wie siehts denn aus mit dem neuen Tarif?

T: Ja, der monatliche Tarif ist schon eingetragen.

K: Bestätigung kommt 2 Tage später per Post, enthält ganz neue Telefonnummer (???) und auch den Umzugsservice (Kostenlose Ansage der neuen Rufnummer) und Preselection für Orts- und Fernbereich, keine Rufnummernübertragung und einen neuen Montagetermin jetzt um die Mittagszeit.

7. Anruf

K: Wieso neue Telefonnummer?

T: Der Auftrag wurde ja storniert.

K: Ich wollte nur den anderen Tarif.

T: Da muss aber der Auftrag storniert werden, und ein neuer Auftrag angelegt werden, deshalb haben Sie die neue Nummer.

K: Achso. Ich möchte die Rufnummernübertragung dabei haben.

T: Das stelle ich dann ein.


8. Anruf

K: Beim Umzug habe ich eine neue Telefonnummer.

T: Ja das ist. ...

K: Ich weiß, aber der Tarif wurde storniert. Welche Nummer steht denn dann im Telefonbuch?

T: Sie bekommen eine neue Bestätigung. Haben Sie auch ein Handy.

K: Ja, bei einem anderen Anbieter.

T: Wollen Sie ein iPhone?

K: Nein danke, ich will nur telefonieren.


Fazit

Wenn der erste Ansprechpartner gleich korrekt recherchiert hätte, dass der Anschluss gar nicht mehr beim Anbieter selbst ist, hätte sich die Telefongesellschaft 4 Briefe und mindestens 1 Stunde Arbeitszeit allein bei den Agenten gespart. Mich wundern die Apothekenpreise bei den Tarifen nun nicht mehr. Ich bin gespannt, wie viele Techniker am Umzugstag aufkreuzen, welche Telefonnummer beim alten Anschluss angesagt wird und welche Nummer mit welchem Tarif nun wirklich geschaltet wird und wie sich der Umstieg zum DSL-Anbieter gestalten wird.

Es bleibt so spannend.

Sonntag, 12. Juli 2009

Es stinkt



Müll fällt überall an. Die Stadtväter in Berlin sind zudem erfinderisch, was öffentliche Abgaben betrifft. Nicht nur für Müllabfuhr - was einsichtig und erwünscht ist, auch für Straßenreinigung und Winterdienst ist zu zahlen. Auf der Suche nach dem Berliner Müllsystem fand ich die folgende Webseite: http://www.berlin.de/special/wohnen/abfall.php Das System schien mir einleuchtend. Schön, dass wir nicht mehr Woche für Woche zum Wertstoffzentrum fahren müssen, gleichzeitig wird klar, wozu die kleine Garage am Haus herhalten muss. Vier 120-Liter-Tonnen bringt man nicht einfach irgendwo unter.

Auf der Suche nach der Höhe der Müllgebühren wurde ich nicht fündig. Es gab nur Meldungen, dass sie zu hoch seien. Dann fand ich den Vergleich http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,565423,00.html, die Meldung im Wortlaut http://www.pressemitteilungen-online.de/index.php/insm-legt-bundesweiten-vergleich-der-muellgebuehren-vor/ Warum Berliner Müllgebühren ein Geheimnis sind, wird mir wohl ein Geheimnis bleiben, ich werde bei der Übergabe nachfragen müssen.

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Glücklicherweise hat der Makler mir eine Liste der Nebengebühren überreicht. Das war nicht bei allen Maklern der Fall.

Geschenke

Der Nachbar staunt nicht schlecht, als wir ihm den Blumenkessel mit Ständer vorbeibringen, den mein Schwiegervater selbst geschmiedet hat. Der Kübel hat uns seit 12 Jahren begleitet, nun bleibt er also da. Unser Nachbar witzelt, was er für die Entsorgung bekäme, aber seine Augen leuchten dabei, denn Stil und Material passen genau in seinen Vorgarten.

Unsere jüngste Tochter kommt wieder mit einem Abschiedsgeschenk. Auf die Frage, woher und von wem gibt sie prompt Auskunft. Auf die Frage, ob das andere Mädchen denn schon früher öfter mit ihr gespielt habe, verneint sie.

Auch andere Personen zeigen sich plötzlich freundlicher. Das war mir schon aufgefallen, als ich vor Jahren eine Firma verlassen habe. Jahrelang hat jeder seine Arbeit erledigt. Als meine Kündigung auf dem Tisch lag, kamen Kollegen vorbei, die mich vorher nur kurz gegrüßt hatten und brachten gute Wünsche für die Zukunft.

Noch andere hatten bei früheren Wegzügen aus meiner allerersten Heimat mich gescholten. Es scheint nur diese eine Gemütsregung zu geben, dass andere bedauern, wenn jemand fortgeht. Einige formulieren das als Wunsch für die Zukunft, andere als Vorwurf nicht zu bleiben. Manche, glaube ich, projizieren ihr eigenes schlechtes Gewissen in die scheidende Person.

Licht aus

Unser letzter Umzug war im Winter und zwei Kinder mit drei und zwei Jahren spragen dazwischen umher. Kinder haben die Angewohnheit bei Licht einschlafen zu wollen. Jedenfalls unsere. Andere Kinder schlafen gar nicht erst ein. Deshalb wurden die Lampen in der Wohnung erst am letzten Tag abgeschraubt.

Der jetzige Umzug findet in drei Wochen statt, doch die meisten Deckenlampen sind nun in Kartons verstaut. Die mittlerweile vier Kinder sind 13, 11, neun und fünf Jahre alt und bekommen erforderlichenfalls eine Tischlampe. Ein eindeutiger Vorteil für Sommerumzüge.

Beim Abschrauben der Lampen fällt auf, wie viel Licht für nichts verbraucht wird. Würden die Familien in Deutschland nicht alle am Montag waschen, könnte wohl das eine oder andere Kraftwerk geschlossen werden. Es müssen - so die Energieversorger - Kraftwerke betrieben werden, gerade weil der Bedarf da sei. Der Bedarf entsteht doch aber erst, weil die Kraftwerke da sind.

Donnerstag, 9. Juli 2009

Hello - Good bye: zwischen Auf- und Abbruch

Jede umgesetzte Idee hat mehrere begrabene Schwestern. Zu jeder Idee - ob umgesetzt oder abgelehnt - gehört eine Entscheidung oder zumindest ein Entschluss.
Die Auflösung des Einen ist die Entstehung eines Andern. Francesco de Sanctis
Auffallend viele Menschen, denen wir von unserem Entschluss erzählen, zeigen sich interessiert. Berlin, sagen sie, sei eine interessante Stadt. Die einen meinen damit wohl eher das Kultur- und Nachtleben, die anderen die Großräumigkeit in den Außenbezirken. Ein Geschäftspartner wohnt gar im Nachbarstadtteil und ist aus dem Fränkischen nach Berlin-Mahlsdorf gezogen. Mitunter weiß ich nicht, was die Bleibenden bewundern, ist es der Mut aufzubrechen, die Erleichterung uns loszusein oder die Tatsache, dass sie nun jemanden kennen, der in Berlin wohnt. Das Letztgenannte wäre dann ja wohl der ziemliche Gipfel von persönlicher Eitelkeit.

Fast alle aber, die irgendwann nach Berlin gezogen sind und mit denen ich spreche, schauen ohne Groll zurück und sind über ihren Entschluss froh. Unsere Emotionen schwanken zwischen Wehmut und Wagemut. Wehmut über das, was man hierlässt, Wagemut über das, was kommt. Beides scheint so ungreifbar.

Mittwoch, 8. Juli 2009

In memoriam DDR (II) Bücher, Kinderbücher

Bücher waren billig in der DDR. Sagt man. Zum Abschied brachte mir meine Schwester eines meiner ersten Bücher: Der Rabe bläst Trompete. Der Preis: 4,90 Mark der DDR. Der Preis entspricht 0,5 % des Einkommens. Intellektuelle oder im DDR-Jargon Hoch- und Fachschulkader wurden allerdings höher besteuert, was zu einem niedrigeren Nettoeinkommen führte.

Das durchschnittliche Arbeitseinkommen pro Monat für Arbeiter betrug 1982 in der DDR 969, das Haushaltseinkommen war bei 1575 Mark, weil viele Frauen arbeiteten. Quelle: DDR-Lexikon

Heute kosten Bücher ähnlicher Größe (Frederick, Buchstabenbaum) 5, 95 Euro. Das Durchschnittseinkommen von monatliche Arbeiterhaushalten liegt bei 3459 Euro. Der Buchpreis beträgt also 0,014 % des Einkommens, in Ostdeutschland0,019 %.

Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienten in Deutschland im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich im Jahr 2008 durchschnittlich 41 509 Euro brutto. Das waren 2,8% mehr als 2007. In den neuen Ländern stiegen die Verdienste mit 3,0% auf 30 151 Euro geringfügig stärker als im früheren Bundesgebiet (2,8% auf 43 310 Euro). Damit erreichten Arbeitnehmer in Ostdeutschland 70% des Verdienstniveaus in Westdeutschland. Quelle: destatis.de

Ein Buch wiegt natürlich keine Wohnung auf, Mieten waren in der DDR definitiv niedriger als heute und hierzulande. Doch Legenden nützen ebenfalls niemandem.

Dienstag, 7. Juli 2009

25 kg in 14 Tagen?

Die baden-württembergischen Abgeordneten haben sich pünktlich zum 1. Juli eine Diätenerhöhung von 2,7% spendiert. Die Diät beträgt nun 5125 Euro. Das sind 135 Euro im Monat mehr.

Das ist gerade schwäbischer Geiz verglichen mit der Diätenerhöhung im Düsseldorfer Landtag, die zwar "nur" 2,38 % beträgt, aber am 1. Januar 2010 auf 9979 Euro steigt. Da ist der Hinweis angebracht, dass es sich um monatliche Bezüge handelt, die um 262 Euro steigen werden. (http://www.zeitong.de/news/fulda/d/da/2009/06/26/landtag-verabschiedet-sich-mit-diaetenerhoehung-in-die-sommerpause/)

Rentner in Westdeutschland bekommen zum 1. Juli 2009 eine Rentenerhöhung von 2,41 %, die Rentner in den neuen Bundesländern 3,38 %. (http://www.mdr.de/nachrichten/6211417.html)

Das Durschnittseinkommen von Arbeitern 2007 findet man hier
(https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1022282) Es betrug ca. 2300 Euro.

Die Erzieherinnen in den Kindergärten streiken immer noch mit den Kommunen um bessere Arbeitsbedingungen.

Beachtlich wie lange Politiker, Abgeordnete diskutieren können, wenn es um das Geld anderer geht, beim eigenen aber schnell den Arm nach oben bewegen.

Freiberuflern und Selbständigen in der IT wurden in mehreren großen Unternehmen die Bezüge um 10 - 22 % gekürzt. Da gab es auch keine lange Diskussion, die Ankündigungen enthielten nur den lapidaren Satz, dass in der Kürzung keine Geringschätzung der Arbeit zu sehen habe und dass man sich bis Ende des Monats zu entscheiden habe, ob man die Kürzung annehme, ansonsten könne es keine Folgebeauftragung geben. Da denkt man, bei einem Arbeitskräftemangel steigen die Einkommen. (http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEBEE5610CL20090702)

Welche Politiker machen sich gleich für Bildung stark?
Welche Politiker spenden die Erhöhung zum Beispiel einer Tafel oder "Laib und Seele", einem Kindergarten?

Abfallwirtschaft

In meinem jetzigen Landkreis südwestlich von Stuttgart wurde vor Jahren ein Müllnahverkehr eingerichtet. Der Landkreis hat - dem Vernehmen nach - mit dem Dualen System Deutschland eine Vereinbarung getroffen. Es fällt die Sammlung von Umverpackungen in gelben Säcken oder Tonnen weg. Jeder Haushalt karrt nun also in regelmäßigen Abständen seine Verpackungen auf einen Wertstoffhof, wo sie sortenrein abzulegen sind. "Das ist kein Plastik", wird dort - sagen wir angesprochen - wer versucht eine Folie bei den Joghurtbechern unterzubringen, "dafür gibt es einen Extracontainer."

Meiner Frau ist es passiert, dass sie wegen eines etwa 10-Cent-Stück-großen Papierschnipsel angesprochen wurde, der von einer zerrissenen Überweisung übriggeblieben war und der ihr auf den Boden gefallen war: "Das müssen sie aber aufheben", riet ihr der unfreundliche Wertstoffhofangestellte. Meine Frau sah nach unten und fand die ganze Fläche rund um den Papiercontainer mit ähnlichen Schnipseln übersät. "Welcher?", fragte sie. "Der da", war die Antwort und der immer noch unfreundliche Wertstoffhofangestellte bückte sich um ihr den Schnipsel mit ausgestrecktem Finger die exakte Lage ihres Schnipsels zu markieren.

Der Müll - pardon die Wertstoffe - hat in den letzten fast 20 Jahren in diesem Landkreis eine seltsame Genese vollzogen. In den ersten Jahren war nur unbehandeltes Holz wie von Paletten oder Kisten als Altholz zugelassen. Mittlerweile jede Art von Holz oder holzhaltigen Materialien. Dafür hat der Landkreis nun auch einen schicken Müllofen, der sich auch über Plastikkörbe, Bobbycars und anderes freuen soll. Nasser Müll würde dort nur stören. Zum Glück gibt es nun Komposttonnen, die die meiste Feuchtigkeit entnehmen.

Das Münchener Müllkonzept ist da viel ehrlicher, dort kommt alles in eine Tonne, da muss wenigstens nicht jeder extra fahren, man spart die Stellfläche für die zusätzlichen Tonnen und die Sammelfläche in der Wohnung oder im Haus für die unterschiedlichen Stoffe.

Jetzt muss ich nur noch herausfinden, wie es in Berlin ist.

Montag, 6. Juli 2009

In memoriam DDR

In Güstrow saßen sie bei einem Stück Stachelbeerbaiser und verdauten die Fruchttorte, das suße Eiweiß, das an manchen Stellen etwas zu braun geraten war und die barlachschen Bronzefiguren.

"Ach ja", seufzte der Westgeborene, "die DDR hatte schon ihre guten Seiten. Die Mieten waren günstig, das Brot kostete eine Mark und der Zusammenhalt war einfach besser."

"Das will ich dir vorrechnen", erwiderte R., die Ostgeborene, "das Stipendium war 180 Mark, mein Mann hatte als Bäcker mit ARbeitszeiten von 4 Uhr früh 360 Mark. Ein Wintermantel kostete 300 Mark."

"Als Student sollte man nicht im Exquisit* kaufen wollen", warf der Kollege leicht zynisch ein.

"Exquisit?!", R wurde streitbarer und sowohl ihr Ton als auch ihr Gesicht drückten das deutlich aus, "da kostete ein Mantel 700 Mark."

Die Kellnerin wurde in das Gespräch hineingezogen: "Was haben Sie in der DDR für einen Wintermantel bezahlt?", fragte R.

"Na, im normalen Laden so mindestens 300", gab die Bedienung zurück.

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* Exquisit, Läden mit höheren Preisen, mit denen die Kaufkraft abgeschöpft werden sollte. Exquisit-Läden bei Wikipedia

Freitag, 3. Juli 2009

Hoffentlich kommt keiner

Gestern war ich in der Stadt, um ein paar Unterlagen zu holen und abzugeben. Weil es zum Radfahren zu heiß und schwül war, nahm ich die Bahn, die immerhin in der Woche alle 30 Minuten fährt. Der Fahrpreis war 1,95 für eine Fahrtzeit von 5 Minuten und zwei Stationen. Es tröstet dann nur wenig, wenn der gleiche Preis auch gilt, wenn ich noch in die S-Bahn gestiegen wäre um eine Station weiter zu fahren.

Wer in Berlin 15 Cent drauflegt, fährt durch die ganze Stadt. Mein Geschäftspartner erzählt, dass er sich eine Stunde lang verstohlen in der S-Bahn umgesehen hat. Immer auf der Suche nach dem Kontrolleur, denn der Preis kam ihm zu nidrig vor für diese lange Strecke.

Wirtschaftlich klar, weil mehr Leute fahren, können die Kosten besser umgelegt werden und weil es keine Berge gibt, durch die Tunnel gebohrt werden müssen, sind die Kosten niedriger. Eine Kurzstrecke gilt in Berlin für 3 S- oder U-Bahnstationen bzw. 6 Bus- oder Staßenbahnhaltestellen.

Míst, jetzt merke ich, dass ich immer zuviel für das Ticket hier gezahlt habe, auch dafür hätte ich die Kurzstrecke nehmen können.

Donnerstag, 2. Juli 2009

Abschied (II) - Gewerbe

Wer mit einer GmbH umziehen muss, hat deren Sitz ebenso umzumelden. Der neue Sitz muss dem Registergericht (Amtsgericht) mitgeteilt werden. Wer den Sitz in einen neuen Gerichtsbezirk verlegt, benötigt eine neue Satzung, einen neuen Antrag an ein Amtsgericht, einen Notar.

Abschied (I) - Nach Hause telefonieren

Der Schritt in etwas Neues ist immer auch der Schritt aus etwas Altem. Jede verwirklichte Idee hat mehrere beerdigte Ideen als Ahnen.

Heute ist der Abschied von der liebgewonnenen Telefonnummer an der Reihe. Ein Anruf beim DSL-Provider zeigt, dass der Sprachcomputer weder in der Lage ist meine gesprochenen Kundennummer zu erkennen noch ist er fähig die DTMF-Eingaben zu verstehen und zudem erwartet der Blechkasten, dass ich warte, bis er fertig ist.

Der erste Anruf erbringt, dass ich ein anderes Team anrufen muss. Dieselbe Prozedur wiederholt sich: Keine DTMF-Erkennung, kein Dazwischenreden, keine Spracherkennung. Hier stellt sich raus, dass der Umzug schon geplant ist, weil ich höflich angefragt hatte, wie der Umzug abläuft, wie es dann mit dem Vertrag steht, ob am neuen Ort überhaupt DSL vorhanden ist. Eine Antwort auf diese Email und auf eine andere habe ich jedoch nie erhalten. Schließlich: Ich muss bei der Telekom erst das Telefon ummelden.

Ein neue Computer, mit dem ich reden kann. Aber er versteht mich. Vielleicht hat man ihm auch antrainiert, nicht jeden Fehler zuzugeben. Ich erkläre mein Anliegen. Nach einer längeren Akquisetätigkeit seitens des Telekommitarbeiters stellt er fest, dass die Familie aus dem künftigen Haus noch nicht gekündigt hat. Erst danach könnte der Umzug arrangiert werden.

Na gut. Ich bin ein bisschen näher an eine Berliner Telefonnummer herangekommen.

Montag, 29. Juni 2009

Irri- und Frustrationen

Wo wir einmal bei den schwäbischen Wörtern sind. Es gibt weitere Wörter, die im Hochdeutschen unbekannt sind, die zudem zu Irritationen führen können.

Dabei weiß ich nicht genau, wohin nun der Begriff Käpsele gehört. Wer mit den Grundbegriffen der schwäbischen Wortbildung vertraut ist, könnte meinen eine kleine Kapsel vor sich zu haben. "Du bisch mir a rechts Käpsele", ist aber nur eine Formulierung, die den IQ des Angesprochenen positiv heraushebt.

Schwäbische Einwohner leben im allgemeinen nach der Devise: "Nicht gemeckert ist genug gelobt." (Net gscholte isch globt gnug.) Da verwundert es auch nicht, wenn der sonntägliche Satz des Ehemannes an die Ehefrau "Man kann es essen." schon nahe an der Euphorie über das gelungene Essen ist.

Ich hoffe sehr, dass ich diese Eigenart nicht zu sehr angenommen habe, um bei meinen Berliner Nachbarn gleich in Ungnade zu fallen. Und wenn doch, vielleicht ist nur ein schwäbischer Bruddler aus mir geworden.

Sonntag, 28. Juni 2009

Doppeldeutig

Dem Post der Übersetzugen sind die falschen Freunde sehr ähnlich. Wir erinnern uns: become im Englischen ist nicht bekommen, sondern werden. So gibt es auch bei der Kommunikation mit Menschen aus dem Südwesten Deutschlands schnell Irritationen. Ich erinnere mich an meine erste Frustration als mich eine Bekannte meines Chefs loben wollte und mir zu meinem dreiteiligen Anzug wie folgt gratulierte: "Do henn Se enn scheene Kiddel ozoge." Kittel kannte ich nur als Arbeitsschutzkleidung, im Schwäbischen meint man damit jegliche Art von Jacke.


BegriffHochdeutschSchwäbisch
TeppichBodenbelag(Woll-)decke
Rolle machenTurnübung auf dem Bodenharnen (bei Kindern)
BodenDachbodenFußboden
Bühne Vortragsort im TheaterDachboden
KittelArbeitsschürzeJacke
Fuß alles ab Sprunggelenk alles ab Hüftgelenk


Quelle (in Auszügen): Das Wortwerk auf XING

Schwäbisch-Deutsch

In Berlin wird Hochdeutsch gesprochen.
Für Menschen aus dem Südwesten Deutschlands - nicht nur Schwaben - hier eine erste Annäherung an das ungewohnte hochdeutsche Idiom. Sie wissen schon: Wir können alles, außer ...

SchwäbischHochdeutsch
HocketseStraßenfest
heben halten
lupfen heben, anheben
FasnetsküchlePfannkuchen der Berliner eben), aber ungefüllt oder mit Vanillekrem
springen rennen

Mit ein bisschen Fantasie ist die Übersicht auch für Berliner geeignet, die ihre zugezogenen Schwäbischen Nachbarn, Kollegen, Freunde verstehen wollen.

Orient-Express

"Das ist ja im Osten!", Mary war außer sich, als Carola ihr den Stadtteil nannte, in den wir ziehen wollten. Dabei wurden ihre Augen groß wie Eierbecher und das Entsetzen war deutlich abzulesen. Die Mutter unserer Pflegetochter hatte immerhin das Buch über den "Bahnhof Zoo" gelesen und war ebenso entsetzt. Sie nahm mir das Versprechen ab, gut für ihre Tochter zu sorgen, dann würde sie auch nicht dagegen sein, dass wir in eine andere Stadt und ein anderes Bundesland ziehen.

Für Mary allerdings waren wir gestorben. Sonntags in der Gemeinde kannte sie uns fast nicht mehr. Mir war das ziemlich egal, denn ich war sowieso immer der Sonderling gewesen und hatte mich an diese Rolle gewöhnt. Carola tat das weh, sie war mit Mary durch viele Stationen gegangen, hatte in der Sonntagsschule, in der Jugendgruppe mit ihr gemeinsam erlebt und später noch zusammen gearbeitet. Mary - so schien es - war nur an Arbeitskräften interessiert und da wir nun absehbar als solche ausfallen würden, waren wir einfach nicht mehr interessant für sie. Weil Carola und Mary Cousinen waren - entfernte zwar - gab das noch einen Stich extra.

Bei mir saß der Stich mit dem Osten extra tief. Mit welcher Euphorie war die Einheit gefeiert worden, mit welchem Euphemismus war all die Jahre von den Brüdern und Schwestern im Osten gesprochen worden. Mit welcher Gleichgültigkeit war ich all die Jahre behandelt worden. Und wenn ich mich als geborener DDR-Bürger zu erkennen gab, wollten die einen ersteinmal meine Sprache lernen, um mich zu verstehen, die anderen betonten, dass ihnen das "gar nicht" aufgefallen sei und das sollte dann wohl ein Lob sein.

Jedenfalls war ich froh, dass Carola nach über 15 Jahre 'wöstlicher' Ehe mit mir auch den Mut aufbringen konnte mit mir in den Ostteil der Stadt zu ziehen.

Samstag, 27. Juni 2009

Notar

Beim Notar in Berlin ist es gemütlicher als in der schwäbischen Amtsstube. Das muss eindeutig festgehalten werden. Am Eingang treffen wir auf die Verkäufer und für manche Leute ist es schwer, ein Haus zu verkaufen. Als wir unser Haus kauften, war die Besitzerin bei all unseren Treffen den Tränen nicht nur nahe, sie zerfloss darin. Spätestens in jener Zeit habe ich mich entschieden mich nicht an ein Haus zu hängen.

Die beiden Damen, denen wir in Berlin begegnen, scheinen gefestigt. Dabei haben sie allen Grund betroffen zu sein, denn das Haus, das wir kaufen wollen, wurde vor über 70 Jahren vom Vater der älteren gebaut worden. Nun, da sie allein im Haus wohnen, fühlen sie sich der Aufgabe nicht mehr gewachsen und verkaufen. Das Haus ist für unsere Familie groß genug. Jedes Kind hat ein eigenes Zimmer, die beiden Mädchen bekommen zwar kleinere Zimmer, dafür aber eine Veranda nach Süden.

Diese ältere Dame hat im Garten noch Bohnen und Gurken für uns gelegt, weil wir eine so große Familie sind. Dabei haben meine Kinder, wissend wie gern ich Gartenbau betreibe, Einspruch eingelegt und die Gartenbaufläche begrenzt, damit sie noch genug Platz zum Spielen haben.

Der Makler ist schon da, als der Notar eintritt, grüßt er, prüft die Personalien und beginnt mit der "Lesestunde". Haben die schwäbischen Notare das Vorlesen eher beiläufig und wie eine lästige Pflicht abgehandelt und ihren Vortrag immer wieder mit Erklärungen und Erläuterungen zahl- und wortreich unterbrochen, so dass ich oft nicht mehr wusste, was Text, was Ausschmückung, was Erläuterung war, liest dieser mit Betonung und rezitiert beinahe den Vertrag. Wenn er Passagen erläutert, ändert sich seine Intonation.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Vorwort

In meinem Englischbuch fand sich die Geschichte eines unaufmerksamen Englischschülers, der in einem englischen Restaurant ein Steak bestellt hatte, dessen Fertigstellung auf sich warten ließ. Als ihm der Geduldsfaden riss, herrschte er den Kellner an: "Waiter, when will I become a steak?" Der Kellner erwiderte britisch distanziert: "Never, I hope Sir." und eilte weiter.

'Become' bedeutet im Englischen ganz einfach 'werden'. Wenn ein heranwachsender junger Mensch also den Entschluss gefasst hat, Lokomotivführer, Krankenschwester oder "irgendwas mit Medien" zu werden, heißt das: "I will become an engine driver, a nurse or 'something in media'."

Dabei bin ich mir sicher, dass ich
a) in Berlin keinen Berliner bekommen werde - auch wenn die mein Lieblingsgebäck sind -weil die in der Hauptstadt Pfannkuchen heißen.
b) kein Berliner werden kann, allenfalls kann ich einen geduldeten Status erreichen

Trotzdem interessiert mich, ob und wenn ja wie, ich ein Berliner werden kann. Gehen Sie mit auf meine Entdeckungsreise.